Donnerstag, 25. Oktober 2012

Ausflug zum Weingut und Schloss Proschwitz, nach Meißen und nach Pirna

Altstadt Meißen und Dom vom Turm der Frauenkirche
Für heute ist wenig wanderfreundliches naß-kaltes Herbstwetter angekündigt, weshalb wir einen Kulturausflug in die Umgebung unserer Unterkunft vorziehen. Uns zieht es wieder in die alte sächsische Residenzstadt Meißen, die wir zuletzt vor einem Jahr bei besseren Wetterbedingungen  mit unseren australischen Freunden Angie und Richard anlässlich einer Rundreise durch die neuen Bundesländer besucht haben. Link: Post des Meißen-Besuchs im Oktober 2011
Bevor wir uns in Meißen umschauen, fahren wir zu dem nur wenige Kilometer entfernten Weingut Schloss Proschwitz, das nicht nur das älteste und größte private Weingut Sachsens ist, sondern auch zu den deutchen Spitzenerzeugern zählt und damit die qualitative Spitze sächsischer Weingüter repräsentiert.
Auf dem Weg nach Meißen bietet sich die Gelegenheit zu einer Außenbesichtigung des Schlosses Proschwitz. Bei Rundgängen in Meißen und später auch in Pirna offenbaren sich einige für uns neue Entdeckungen. Link: Diashow der Fotoserie
 

Zadel und das Weingut Schloss Proschwitz 

St. Andreas (1842) in Zadel
Die mehr als 800 Jahre alte kleine Ortschaft Zadel präsentiert sich als ein sehr gepflegtes Dorf, was in den neuen Bundesländern keine Selbstverständlichkeit darstellt. Der Name des Dorfes ist altsorbischen Ursprungs und bedeutet 'hinter dem Berge'. Seit dem Jahr 1218 ist in Zadel Weinbau nachgewiesen. In Relation zu seinen 171 Einwohnern (lt. Wikipedia) weist Zadel mit St. Andreas ein sehr großzügiges Kirchengebäude auf, das wie der ansehnliche Ort dem Erfolg des Weinbaus geschuldet sein dürfte.








Blick auf das Weingut Schloss Proschwitz von außen
Vor einigen Jahren waren bei einem Besuch des Weinguts Schloss Proschwitz viele Baustellen anzutreffen, aber deutlich erkennbar zeichnete sich bereits ab, dass sich der Betriebssitz in einem Vierseithof aus dem 18. Jahrhundert und seine Umgebung in Zadel auf einem langen Weg zu einem Schmuckstück sächsischer Weinkultur entwickeln.
Nach der politschen Wende kaufte Georg Prinz zur Lippe ab 1990 sukzessive die ehemaligen elterlichen Weinberge zurück und begann in Zadel mit dem Aufbau des Weinguts Schloss Proschwitz. 1996 wurde das Weingut in den Verband Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter (VDP) aufgenommen. Mittlerweile ist das Weingut als Flaggship Sachsener Weingüter angesehen und zählt zu den Spitzenbetrieben deutscher Weinkultur. Wir betreten eine attraktive Hofanlage, die nicht nur Kellereibetrieb und Verwaltung umfasst, sondern sich mit Vinothek und Restaurant dem Publikumsbetrieb öffnet und darüber hinaus in einer Pension mehrere Gästezimmer und zwei Ferienwohnungen vorhält.


Innenhof des Weinguts Proschwitz
An einem Wochentag im Off-Season-Modus genießen wir als aktuell einzige Besucher der Vinothek eine exklusive Atmosphäre. In der Vinothek überzeugt eine junge Dame nicht nur mit ihrem unterhaltsamen Charme, sondern auch dank fachlicher Kompetenz bei der Vorstellung der Weine. Das Weingut hat in den letzten Jahren die Vielfalt seiner Produkte ausgebaut und strukturiert das Angebot in mehreren Linien. Da derzeit noch fast alle Produkte verfügbar sind, müssen wir bei der Verkostung gezielt vorgehen. Wir entscheiden uns für die bewährte mittlere Linie und konzentrieren uns auf Weine von Weißburgunder und Grauburgunder. Für QbA-Weine sind die Preise nicht bescheiden, aber die Qualität dieser eleganten Weine überzeugt uns, so dass wir einige Flaschen für den Konsum in der Kölner Heimat einkaufen. Zusätzlich ergänzen wir unseren zu Neige gehenden Vorrat des exzellenten Balsamicos des Weinguts. Link: Weingut Schloss Proschwitz



Schloss Proschwitz

Gebäude im Schloss Proschwitz
Schloss und Weingut Proschwitz waren bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges Eigentum von   Christian Prinz zur Lippe. Nach dem Krieg wurde der Prinz entschädigungslos enteignet, mit seiner Familie inhaftiert und schließlich in die westlichen Besatzungszonen ausgewiesen. Das Schloss wurde geplündert. Schloss Proschwitz wurde später zunächst als Lungenheilanstalt genutzt und 1979 in ein Kreisrehabilitationszentrum für geistig behinderte Kinder und Erwachsene umgewandelt.
1996 erwarb Georg Prinz zur Lippe das vormals elterliche Schloss und leitete mit Hilfe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz aufwendige Sanierungsarbeiten der umfangreichen Bauschäden ein. Inzwischen werden auf Schloss und Park Proschwitz Konzerte, Park- und Schlossfeste, Bankette, Tagungen und Hochzeiten veranstaltet.




Motiv im Schlosspark Proschwitz
Innerhalb der Schlossanlage befinden sich ein Landschaftsgarten im englischen Stil und eine geometrisch-französische Gartenanlage. Während die Schlossgebäude für zufällige Besucher nicht zugänglich sind, steht der Park ohne Einschränkungen kostenlos offen. Besucher begrüßt die Sandsteinfigur eines Kriegers aus dem 17. Jahrhundert. Vermutlich handelt es sich um ein Geschenk aus Fontainebleau. Etwas versteckter ist in dem Park ein mittelalterlicher Weinkeller zu finden.  
Link: Wikipedia-Artikel zu Schloss Proschwitz








Rundgang in Meißen, Besichtigung der Frauenkirche und des Doms

Blick vom Turm der Frauenkirche auf Altstadt und Dom
Unser letzter Besuch von Meißen liegt gerade ein Jahr zurück. Im Oktober 2011 haben wir unsere australischen Freunde Angie und Richard auf einer Rundreise durch die neuen Bundesländer mit Meißen bekannt gemacht. Allerdings konnten wir vor einem Jahr unsere australischen Besucher mit traumhaftem Wetter verblüffen. Heute müssen wir bescheiden bleiben und sind bei kühler Witterung froh, dass sich der angekündigte Regen noch nicht eingestellt hat.  
Link: Post des Besuchs vom 18.10.2011







Marktplatz von Meißen mit Frauenkirche
Unser Besuch konzentriert sich mit dem Dom auf dem Burgberg über der Altstadt und der Frauenkirche im Zentrum der Altstadt auf Sakralgebäude. Erfahrungsgemäß verdichtet sich in Sakralgebäuden die Geschichte einer Region, was sich auch heute bestätigt.
Am zentralen Marktplatz von Meißen liegen neben dem 1472 errichteten Rathaus einige weitere repräsentative Gebäude des späten Mittelalters und der frühen Renaissance sowie die 1457 geweihte Frauenkirche, die wir gezielt ansteuern.








Chor der Frauenkirche Meißen mit gotischem Schnitzalter
Wie üblich in protestantischen Kirchen ist der Innenraum der Frauenkirche eher schmucklos. Lediglich der um das Jahr 1500 entstandene gotische Schnitzaltar und einige Glasfenster erregen unser Interesse. Den kostenpflichtigen Turmaufstieg wollen wir uns in Anbetracht des Wetters ersparen. Die Aufsichtspersonen in der Kirche ermuntern uns jedoch zu dem Aufstieg, den wir auf keinen Fall versäumen dürften. Eher überredet als überzeugt lassen wir uns auf die versprochene Attraktivität ein.








Porzellanglockspiel
Eingang zum Turm
Glockenstuhl

Der Zugang zum 66,61 m hohen Turm befindet sich außerhalb des Kirchenschiffs. In Verbindung mit einer kurzen Einweisung erhalten wir den Schlüssel für die Zugangstür zum Turm, den wir exklusiv besuchen. Vom unteren Bereich des Turms steigen wir auf 193 Stufen insgesamt 42 m zu den oberen Etagen, die mit Holzbalkon eingezogen sind und von Holztreppen verbunden werden. Das Innenleben des Turms versetzt uns um einige Jahrhunderte zurück. Die Einrichtungen scheinen sehr alt zu sein, sind aber noch in Funktion. Die Mechanik der alten Turmuhr ist geräuschvoll in Bewegung. Jünger ist das 1929 in Betrieb genommene Porzellanglockenspiel aus Meißener Porzellan. Angetrieben von einer großen Stachelwalze lassen die 37 Glocken täglich 6 Choräle erklingen. Die Stimmung der Glocken in B, d, f und g können wir an einem Röhren-Glockenspiel nachvollziehen.


Röhrenglockenspiel im Turm der Meißener Frauenkirche


Blick auf den Markt vom Turm der Frauenkirche
Blick auf Altstadt und Dom vom Turm der Frauenkirche
In der Höhe von 42 m umgibt den Turm ein luftiger Außenbalkon, von dem wir auf die Altstadt und den Burgberg mit Dom und Albrechtsburg blicken, die wir anschließend besuchen werden. Direkt unter uns blicken wir auf den Marktplatz mit dem Rathaus, einigen Renaissancehäusern sowie auf das Weinhaus Vincenz Richter.








Dom und Albrechtsburg auf dem Burgberg
Wir beenden unseren Rundgang in Meißen mit der Besichtigung des faszinierenden gotischen Doms und des Kreuzgangs eines ehemaligen Klosters auf dem Burgberg. Im Internet sind viele Deatailinformationen zu finden, weshalb wir uns hier eine Beschreibung ersparen.  Link: Webseite des Doms   Link: Wikipedia-Artikel











Rundgang in Pirna, Besichtigung der Marienkirche und des Canalettohauses

Marktplatz von Pirna
Zu DDR-Zeiten verfiel die Altstadt von Pirna; ein Großteil der Gebäude war unbewohnbar geworden. Nach der Wende begann die Sanierung. Inzwischen ist der überwiegende Teil der Häuser und Gebäude restauriert. Pirnas Altstadt ist heute ausgesprochen sehenswert und zieht viele Besucher an. 
Zurückgeblieben sind große soziale Probleme. Mit der hohen Arbeitslosigkeit geht nicht nur eine Entvölkerung weiter Teile des Landes einher, sondern sie bildet, wie in benachbarten Bundesländern, den Nährboden für politischen Rechtsradikalismus, der in Pirna immer wieder unrühmliche Schlagzeilen provoziert. Sachsens grenznahe Gebiete leiden zudem unter Eigentumsdelikten, insbesondere Einbrüche und Autodiebstähle, durch Banden, die aus den östlichen Nachbarstaaten operieren. Bei der Sanierung defekter Sozialstrukturen scheint noch erheblicher Nachholbedarf vorzuliegen.



St. Marien (1546) in Pirna
Baubeginn von St. Marien in Pirna war im Jahr 1502. Geweiht wurde St. Marien im Jahr 1546 als eine der größten dreischiffigen Hallenkirchen Sachsens. Ihre künstlerische Vollendung erfuhr sie ca. 100 Jahre später mit der Vollendung des  zehn Meter hohen sandsteinernen Hauptaltars.  
Der Taufstein von 1561, den bereits Goethe bewundert haben soll, ist zur Zeit unseres Besuches mit einer Holzverkleidung abgedeckt; der Grund ist vermutlich ein anstehendes Kirchenkonzert. Goethe besuchte Pirna 1813, wie auf einer Gedenktafel in der Breiten Straße dokumentiert ist.
 





Rathaus mit Canalettohaus im Hintergrund
Besonders sehenswert sind das historische Rathaus und das gegenüberliegende, durch den italienischen Maler Canaletto berühmt gewordene Canalettohaus, in dem aktuell die Touristeninformation untergebracht ist. Canaletto soll zeitweilig dieses Haus bewohnt haben. In den Räumen der Tourismusinformation sind Kopien von Canalettos wirklichkeitsgetreuen Stadt- und Landschaftsansichten ausgestellt. Die Originale befinden sich in der 'Gemäldegalerie Alter Meister' in Dresden. 









Marktplatz von Pirna in einer Ansicht von Canaletto
Der Maler Bernardo Belotto (1721/2-1780) ist ein Neffe des venezianischen Malers Giovanna Antonio Canal (1697-1768), der vor allem für seine Venedigbilder berühmt ist und sich Canaletto nennt. Canalettos Venedigbilder finden wir u. a. in der Gemäldegalerie der staatlichen Museen Berlin und in der Eremitage in St. Petersburg. Bernado Belotto tritt als Vierzehnjähriger in die Werkstatt seines Onkels Giovanna Antonio Canal ein und übernimmt nicht nur dessen Malstil, sondern auch den Künstlernamen 'Canaletto'. Belotto erwirbt seinen Rum nördlich der Alpen. Er studiert die Niederländer und arbeitet u. a. an den Höfen von Wien und München. In Dresden erreicht Belotto den Höhepunkt seines Könnens und wird vom sächsischen Kurfürsten Friedrich August II. zum Hofmaler ernannt. In dieser Periode entstand in den Jahren 1753 bis 1756 der Zyklus von elf Ansichten der Stadt Pirna. Nachdem Belottos Förderer verstarben, war der Rokoko-Malstil in Dresden nicht mehr gefragt. Belotto geht nach Warschau und findet die Wertschätzung des polnischen Königs, Stanisław II. August, der Belotto zum Hofmaler ernennt. Belotto verstirbt 1780 in Warschau. 

Reformationsbrot
In Anbetracht von soviel Historie müssen wir in Pirna schließlich auch ein 'Reformationsbrot' erstehen, das Bäckereien um den Reformationstag (31. Oktober) angebieten. Früher wurde dieses Gebäck auch auch als Pfaffenkäppchen oder Tetzelmütze bezeichnet. Der Teig entspricht einem leichten Stollenteig (mit weniger Butter und Rosinen als in einem traditionellen Christstollen). Für die Bedeutung der vier Spitzen exisitieren unterschiedliche Theorien, von der Lutherrose (ein Stempel, den Luther verwendete), über die Lutherkappe mit vier Spitzen, bis zu den vier Mitstreitern Luthers, denen jeweils eine Ecke gewidmet sei. Historiker nehmen an, dass sich das Gebäck aus dem Martinshörnchen des katholischen Martinstages entwickelt hat. Eine andere Theorie hält das Reformationsgebäck für eine protestantische Abwandlung ähnlicher Gebäcke zu Allerseelen.

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