Sonntag, 17. Oktober 2010

New England 2010: Cape Cod - New England in hoch konzentrierter Dosis

Die letzte Station unserer Reise ist erreicht. Die Anreise von Plymouth bis zu der kleinen Ortschaft Chatham auf Cape Cod ist nur kurz. Das herrliche Spätsommerwetter lädt zu einer kleinen Erkundungsfahrt vor dem Einchecken im Bradford Inn ein.
Die Anreise durch den südlichen Teil von Cape Cod hat uns trotz der warnenden Hinweise unseres Reiseführers erschreckt. Bis zu der Ortschaft Yarmouth liegt an unserer Route über 20-30 km eine Abfolge von Shopping Malls, Tankstellen, Gewerbebetrieben, Fun Parks, Fastfood-Buden (das Wort "Restaurant" verbietet sich) und massenweise "Seafood Restraurants", die bei näherer Betrachtung lediglich Imbisse für Fish & Chips sind. Diese Einrichtungen mögen teilweise sinnvoll oder nützlich sein, aber ein Urlaubsaufenthalt käme in dieser Umgebung einem Straflager gleich.


Glücklicherweise ändert sich ab Yarmouth die Szenerie. Die Landschaft wird zunehmend attraktiver und die kleinen Ortschaften haben Charme. Landwirtschaft ist auf Cape Cod seit mehr als 100 Jahren von der Tourismusindustrie verdrängt, der wir uns ebenfalls bedienen. Die Programmatik einer Verbindung von "Conservation and Recreation" zielt auf naturverträgliche Dimensionen dieser Tourismusindustrie. Damit können wir uns anfreunden.

Historisch steht die Besiedlung New Englands im Kontext unterschiedlicher mehr oder weniger sektiererischer Glaubensrichtungen. Auch heute gibt es noch auffällig viele Kirchen und dementsprechend auch viele Pumpkin-Events, denn am heutigen Sonntag haben viele Kirchen den "Pumpkin Day". Die Präsentationen großer Mengen von Kürbissen in unterschiedlichen Größen, Farben und Formen erzeugen malerische Bilder. Der Verkauf zugunsten wohltätiger Einrichtungen beginnt erst am späten Vormittag nach dem Kirchgang. Und die Kirchen scheinen auch tatsächlich gut besucht zu sein, worauf die Menge parkender Autos schließen lässt. Offenbar leben die Menschen hier noch viel stärker in ihrer Tradition, als das bei uns der Fall ist. Die damit verbundenen Vor- und Nachteile beschäftigen Professionen wie Soziologen und Psychologen. Auf diesem Nährboden blühen und verblühen auch Generationen von Politikern. Sie agieren vielleicht nicht immer wirklich professionell bzw. effektiv, dafür aber um so effizienter, solange sie Erfolg haben.
 
Auf unserer Orientierungsrunde treffen wir auf das äußerst informative "Salt Pond Visitor Center". Hier erhalten wir Informationen über Hiking Trails und lernen auch etwas über die Entstehung und die Dynamik dieser Landschaft. Cape Cod hat sich mit der letzten großen Eiszeit gebildet. Der Atlantik und der Wind sorgen für die permanente Veränderung dieser Landschaft. Wie diese Prozesse ablaufen und die Kräfte der Natur diese Landschaft formt, macht ein instruktiver kurzer Film anschaulich.






 


Am frühen Nachmittag konnten wir endlich auch einchecken und sind spontan sehr glücklich mit unserer Wahl. Das Inn besteht aus einem Ensemble mehrerer kleiner Häuser, die sich wie Hopper-Gemälde in diese Landschaft fügen. Unser Zimmer liegt im Erdgeschoss und verwöhnt uns mit einer eigenen Veranda. Die Einrichtung des Zimmers ist dem Stil angemessen gediegen-konservativ, ohne unangenehm oder aufdringlich auf uns zu wirken. Hier haben wir drei Nächte gebucht, aber wir möchten gerne länger bleiben!

Für den Abend konnten wir einen Tisch im Restaurant "Impudent Oyster" (freche Auster) reserviert, weil wir bei unserem Rundgang am Mittag die Karte und das Ambiente als engagiert eingeschätzt haben. Wir werden nicht enttäuscht und sind froh, reserviert zu haben. Alle Tische sind besetzt, und an der Bar warten schon weitere Gäste ohne Reservierung. Das Preisniveau ist gehoben, aber in Anbetracht der Qualität und der schon fast unanständigen Größe der Portionen mehr als angemessen. Nachdem wir Platz genommen haben, wird sofort ein frisches kleines Ciabatta als ganzes Brot serviert. Dazu wird eine Portion Butter bester Qualität in einer vollständig gefüllten kleinen Soufflé-Form gereicht.

Der Raum für eine Vorspeise nimmt ab, aber ein vollständiges Diner erfordert neben einem Hauptgericht mindestens eine Vorspeise. Gisela ordert den Salat von der Tageskarte, der sich als Volltreffer erweist und als eine große Portion gereicht wird. Karlheinz bestellt 6 frische Austern, deren Qualität und Größe bei dem Preis von 13 $ positiv überraschen. Unsere Seafood Hauptgerichte sind hervorragend und würden jeweils für 2 Personen angemessen sein. Portionen dieser Größe sind wir nicht gewohnt, aber möglicherweise erfordert die Esskultur in den USA solche Mengen. Wir wollen uns über die Mengen nicht beklagen und freuen uns besser über die Qualität. Die "Impudent Oyster" ist unser Kandidat für den Abschlussabend unseres Urlaubs. Morgen müssen wir dringend wieder eine etwas größere Runde laufen!

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